Vor der Aufstellung:
Ob in einer Gruppe oder in einer Einzelaufstellung nur mit dem Klienten und mir, persönlich oder am Telefon,
der Ablauf ist immer ähnlich. Üblicherweise duzen wir uns bei dieser Arbeit, weil wir eine persönliche,
empathische Nähe brauchen.
In der Gruppe sitzen wir im Stuhlkreis.
Zunächst stelle ich mich immer kurz vor und erkläre den Teilnehmern, wie wir vorgehen - genau so, wie ich das jetzt tue.
Wir machen eine kurze Vorstellungsrunde. Jeder Teilnehmer sagt seinen Namen, einige wenige Sätze über sich selbst - nicht sehr viel - und ob er ein Anliegen hat, das er gerne
aufstellen möchte. Diese Absicht ist aber nur eine "Momentaufnahme", denn ich arbeite immer im "Hier-und-Jetzt" mit dem, was jetzt
(im Augenblick) da ist. Und so kommt es vor und ist willkommen, wenn jemand im Laufe der erlebten Aufstellungsprozesse seine Absicht ändert und vielleicht doch selbst aufstellen möchte,
oder feststellt, dass sein Anliegen sich bereits mit dem Erleben einer anderen Aufstellung erübrigt hat und er keine eigene Aufstellung mehr braucht. Das geschieht häufig, denn alle Aufstellungen
wirken auf alle Teilnehmer und jeder profitiert von jeder Aufstellung.
Bevor wir beginnen aufzustellen, mache ich eine geführte Meditation mit allen Anwesenden, in der wir Absichten und Gedanken, die wir uns gemacht haben, loslassen und ganz in der Wahrnehmung im
"Hier-und-Jetzt" ankommen. Ich führe meine Teilnehmer über die fokussierte Körperwahrnehmung, über Erweiterungen auf alle Körperbereiche und Einbeziehung aller äußeren
Sinneswahrnehmungen über die Grenzen des Seminarraumes hinaus bis in die Wahrnehmung des "Alles-was-ist". Dabei verbinden wir uns miteinander und mit unseren Ahnen und allen anderen Angehörigen.
In diesem Zustand sind wir sehr gesammelt, sehr präsent für unsere Wahrnehmungen auf allen Ebenen und der "mentale und emotionale See" ist so glatt, dass die Teilnehmer und ich oftmals sehr
weit und klar wahrnehmen können und wir uns tief in andere Personen einzufühlen imstande sind.
Oftmals haben die Teilnehmer schon in der Einstimmungsmeditation erlebt, dass zu einem oder beiden Elternteilen oder zu anderen wichtigen Person eine "Schwere" oder "Dissonanz" zu spüren ist.
Diese Wahrnehmungen helfen uns oftmals uns über das, worum es bei diesem Teilnehmer jetzt gerade "wirklich" geht, bewusster zu werden.
Ich frage ohne jede Erwartung oder Vorstellung von dem, was passieren soll, in die Gruppe, wer jetzt arbeiten möchte. Die Teilnehmer fühlen in sich hinein, ob sie jetzt aufstellen möchten. Die, die möchten, melden
sich klar und deutlich und ich wähle eine Person nach meiner Wahrnehmung aus, mit der wir jetzt arbeiten. Ich wähle so aus, dass die ganze Gruppe am meisten davon profitiert.
Aufstellung:
Ich nehme einen leeren Stuhl neben mich in den Stuhlkreis und die Person, für die wir jetzt arbeiten wollen, nimmt auf diesem Stuhl platz. Alle schließen nochmals ihre Augen und bleiben in dieser Sammlung und ich fühle mich in die
Person neben mir ein. Ich stelle mir dabei vor, diese Person zu sein und nehme deren energetische Muster auf und wahr. Oftmals nehme ich starke Emotionen, Körpersymptome und Bewegungsimpulse wahr.
Meistens spüre ich trennende, abstoßende oder anziehende Energien zu wichtigen Familienmitliedern, wie Eltern oder Geschwistern. Im Laufe meiner jahrelangen fast täglichen Praxis in Familienaufstellungen und Wahrnehmungsübungen
hat sich bei mir eine gewisse "Hellfühlichkeit" und zum Teil eine "Hellwissenheit" herausgebildet. Diese nutze ich während meiner Arbeit.
Mit diesen Wahrnehmungen mache ich noch nichts, lasse sie nur auf mich wirken und wenn ich gut verbunden bin, bitte ich die Person, für die wir jetzt arbeiten, mir in die Augen zu schauen und mir gesammelt in wenigen Sätzen ihr Anliegen mitzuteilen.
Das Wenige, was die Person sagt, lasse ich auf mich wirken. Aus dem, was sie gesagt hat und vor allem wie sie es gesagt hat, bekomme ich ein Gefühl, welche Person in der Familie bei dem Anliegen besonders wichtig ist. Manchmal bekomme ich starke Impulse für ein bestimmtes Vorgehen oder sogar ein Bild vor meinem inneren Auge,
wie ich die Aufstellung beginnen kann. Ich frage die Person, für die wir arbeiten, ob sie einverstanden ist mit dieser Vorgehensweise. Dieses Einverständnis und die Übernahme der eigenen Verantwortung für das, was geschieht, sind Grundvoraussetzung
dafür, dass ich mit einem Menschen arbeiten kann und darf.
Oftmals kommt mir zum Beispiel die Wahrnehmung, dass die Mutter bei dem vorgebrachten Anliegen wichtig ist. Wir beginnen die Aufstellung in der Regel mit sehr wenigen, also ein bis zwei Stellvertretern, selten mehr, aber es gibt Ausnahmen.
Meistens lasse ich die Person selbst aus ihrer intuitiven Wahrnehmung heraus die ersten Stellvertreter auswählen, in meinem Beispiel eine Stellvertreterin für die Mutter.
Alle Teilnehmer der Gruppe rücken mit ihren Stühlen bis an die Wände des Seminarraumes, so dass möglichst viel Raum für die Aufstellung entsteht.
Die aufstellende Person, stellt sich vor, die ausgewählte Stellvertreterin ist ihre Mutter, fässt sie von hinten an die Schultern, und die Stellvertreterin stellt sich ebenfalls vor, die Mutter zu sein.
Nun gehen die beiden langsam und gesammelt durch den Raum und wo es sich richtig und stimmig anfühlt, lässt die aufstellende Person ihre "Mutter" einfach stehen und sucht sich nach ihrem Gefühl den eigenen Platz in der Aufstellung.
Nun überlassen sich die aufgestellten Personen den sogenannten "Bewegungen des Geistes". Das heißt: Sie fühlen sich ein und folgen allen ihren Bewegungsimpulsen und lassen alle Emotionen, die sie überkommen, da sein und bringen sie zum Ausdruck.
In so einer Bewegung entfernen sich die aufgestellten Personen manchmal voneinander, schauen sich nicht an und es wird oft deutlich sichtbar, dass etwas Trennendes zwischen beiden wirkt. Manchmal wirken beide Personen belastet und schauen auf die gleiche Stelle am Boden.
Dann schaue und fühle ich innerlich ebenfalls dorthin und bemerke, dass beide auf eine andere Person schauen, oftmals auf einen Verstorbenen.
Oft lege ich dort eine Decke hin und das verstärkt die Gefühle der beiden. In der Regel wähle ich dann einen weiteren Stellvertreter aus
und lasse ihn sich dort auf die Decke legen und einfühlen. In diesem Fall kann ich meistens nicht benennen, wer das ist, aber das spielt für die Wirkung der Aufstellung keine Rolle.
Der liegende Stellvertreter legt sich vielleicht intuitiv so hin wie ein Säugling in Embrionalstellung und es wird häufig sehr anschaulich, dass dort
ein verstorbenes, abgegangenes oder abgetriebenes Kind liegt.
An dieser Stelle würde ich die Person, für die ich arbeite, vielleicht fragen, ob da ein Kind abgetrieben wurde. Oftmals bestätigen sie mir meine Wahrnehmung oder machen mich darauf aufmerksam, dass die Umstände
etwas anders, aber zumindest ähnlich waren, ein Kind vielleicht während der Schwangerschaft einfach abgegangen ist.
Plötzlich wird deutlich, dass das Kind keinen guten Platz in der Familie hat, dass es gar nicht wirklich betrauert und das Geschehene dadurch nicht angemessen verabeitet wurde. Es kommen alle verdrängten Emotionen auf allen Seiten zum Ausdruck
und die Familienmitglieder kommen in eine heilende Bewegung zueinander, indem die Liebe des Kindes gespürt wird, der Schmerz über den Verlust und alle begleitenden Gefühle und Umstände.
In der Regel halten sich die Beteiligten weinend und liebevoll im Arm und eine tiefe Herzensverbindung zueinander entsteht. Dann kann das Geschehene in vollem Umfang angeschaut, angenommen und anerkannt werden. Das befreit die Liebe und
entlastet alle beteiligten Personen. Oftmals sieht man sie alle erleichtert, strahlend und in Liebe verbunden am Ende der "Bewegung". Hier beende ich die Aufstellung und alle Teilnehmer lassen das Erlebte einfach in sich nachklingen.
Wir machen eine Pause.
Dies war ein typisches Beispiel. Das, was sich zeigt, kann natürlich ganz anders aussehen, völlig andere Umstände und Hintergründe haben. Keine Aufstellung gleicht einer anderen.
Nach der Aufstellung:
Das sofortige "Nachklingen" ist wichtig. Wenn später noch Fragen zu der Aufstellung aufkommen oder es den Klienten im nachhinein mit etwas nicht gut geht, können sie mich später anrufen und wir können nochmal kurz
über die Aufstellung sprechen, ohne dass das extra kostet. Dieses Angebot der "Nachbetreuung" gehört für mich dazu.
In der Gruppe setzen wir uns nach der Pause wieder zusammen in den Kreis und ich frage wieder, wer jetzt arbeiten möchte. Und so arbeiten wir das ganze Seminar durch, in der Regel bis alle Anliegen von den Teilnehmern aufgestellt sind.
Dabei gilt: jeder Teilnehmer darf höchstens ein Anliegen vorbringen (Ausnahmen gibt es manchmal auch hier). Erfahrungsgemäß schaffen wir ca 3 bis 6 Aufstellungen in meinen Aufstellungsseminaren, die ca 3 Stunden dauern.
In den allermeisten Fällen fügt es sich so, dass wirklich alle Teilnehmer, die ein Anliegen haben, auch drankommen. Gelegentlich überziehen wir zeitlich dafür auch mal die geplante Endzeit des Seminares. Nur sehr selten (ca zwölfmal in
mittlerweile hunderten von Aufstellungsseminaren) musste ich einen Teilnehmer auf ein späteres Seminar vertrösten.
Am Ende gibt es immer eine kurze Abschlussrunde, in der die Teilnehmer nochmal sagen, wie es ihnen jetzt geht und was sie mitnehmen, und dann gehen wir auseinander.
Ich kann natürlich niemandem garantieren, dass die Schwierigkeiten sofort nach der Aufstellung verschwinden, aber die vielen wunderbaren Rückmeldungen, die ich über die Jahre immer wieder bekommen habe,
erwecken in mir den Eindruck, dass die allermeisten Aufstellungen die Teilnehmer auch weitergebracht haben, oftmals entscheidend, sofort und umfassend, manchmal zunächst aber nur kleine Schritte, die dann weitere ermöglicht haben.
Wie weit eine (Er-)Lösung eintritt liegt nicht allein in meiner Hand, sondern hängt auch vom Vertrauen und der Einsicht des Teilnehmers (Klienten) ab.
Abweichungen in der Einzelarbeit:
In der Einzelarbeit sitzen wir uns bei der Einstimmungsmeditation gegenüber. In der telefonischen Arbeit stellen wir uns einfach vor, wir würden einander
gegenüber in einem gemeinsamen Raum sitzen.
Ich bin selbst der einzige Stellvertreter, der zur Verfügung steht, und gehe also selbst in alle zu besetzenden Rollen. Am Telefon suchen wir uns beide den stimmigen Platz im Raum und sprechen uns darüber ab, was geschieht und was wir wahrnehmen.
In der Einzelarbeit wechsel ich die Rolle, wenn das notwendig ist. Ich würde zum Beispiel sagen, dass ich kurz aus der Rolle der Mutter gehe, würde einen Stuhl an ihre Stelle stellen und mich selbst in die neue Rolle begeben und einfühlen.
Am Ende der Einzelarbeit führe ich in der Regel nach der Aufstellung noch ein kurzes Abschlussgespräch.